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Wir trauern um Hubertus Petroll

Wir trauern um Hubertus Petroll
Foto © privat

… und nehmen Abschied von unserem langjährigen Professor und Institutsleiter.

Nachruf

Es gibt stille Menschen, die sich nicht laut Gehör verschaffen. Diese sind – und das gilt wohl über die Zeiten hinweg – die selteneren. Vor allem in einer immer lauter werdenden Zeit, die nach mehr und mehr Sichtbarkeit und Hörbarkeit verlangt und die wenig Sinn hat „für eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft“.
Zu den Marktschreiern gehörte Hubertus Petroll ganz und gar nicht. Er ist vielmehr zu denen zu zählen, die ihre Kraft für die Gemeinschaft, in der sie tätig sind, aus der Stille schöpfen. Wenn man will aus der Kraft des Schweigens. Wusste man sie zu lesen, wurde das, was man „die Freundlichkeit am Herzen“ nennen kann, hörbar – und genau diese beiden Komponenten waren die besonderen Gaben von Hubertus Petroll.

Das sind auf den ersten Blick nicht die einfachsten Voraussetzungen für die Leitung des Max Reinhardt Seminars, die Hubertus Petroll über Jahre innehatte. Oder gerade doch! Denn feinsinnig ganz Ohr zu werden bei den vielen Gesprächen, Fragen und Problemen, die es an einem Institut ausgerechnet für Schauspiel und Schauspielregie gibt, ist das nicht ein sensibler möglicher Schlüssel für ihre Antworten und Lösungen? Das ist, so kann man es interpretieren, eine Kraft gegen die Zeit und vielleicht, oder hoffentlich, auch zugunsten einer kommenden Zeit.

Wir alle haben dieselbe Erfahrung, ohne sie zu beachten: Kein Atemholen ist ohne den Moment des Innehaltens, ohne den Moment der Stille, der Kehre, der Wende, wo Einatmen und Ausatmen ihre Richtung ändern. Und was ist die Kunst der Sprache und des Sprechens ohne das Wissen um die Kunst des Atmens, dem Fach von Hubertus Petroll? Seine hohe Musikalität war neben seiner stillen Präsenz eine weitere wunderbare Voraussetzung für das Fach, das er am Max Reinhardt Seminar unterrichtete, und dabei seine Fähigkeit als Lehrender ganz Ohr zu werden. Von dieser Erfahrung erzählen seine Studierenden, wenn sie berichten, dass Hubertus Petroll im Unterricht, im Lehrsaal 3, mit dem Blick nicht auf die Bühne, sondern hinaus ins Freie, in die Natur, hinaus in den Park des Seminars gerichtet, ihnen zuhörte und dabei jeden Ton, jede Nuance der Sprache, des Sprechens minutiös wahrnahm und so seine Studierenden unsichtbar sensibel navigierte, begleitet und leitete.

Nach seiner Emeritierung hat sich Hubertus Petroll im Alter über die Jahre hin immer mehr in die Stille zurückgezogen. Oder anders gesprochen, er wurde von ihr immer tiefer und radikaler vereinnahmt. Aber diese Form des Rückzugs und des Schweigens hat ihm nicht die Freundlichkeit seines Herzens nehmen können, das bezeugen die Besuche bei ihm.

Zu guter Letzt noch einmal ein kurzer Rückblick auf den Lebensweg von Hubertus Petroll: Er führte ihn zuerst zu einer Ausbildung zum Schauspieler an die Folkwang Hochschule Essen, danach zu diversen Engagements an deutschen Theatern (Augsburg, Wiesbaden), zu der interessanten Tätigkeit als Sprecher der Nachrichtensendung heute des ZDF bis schließlich zu seiner pädagogischen Laufbahn als Professor für Sprachgestaltung an der Universität für Musik und darstellende Kunst, am Max Reinhardt Seminar, die er bis zu seiner Emeritierung innehatte. Hubertus Petroll liebte die Musik, er liebte Bacchus und das Leben. Gerne lud er Freunde und Freundinnen zu Tisch, um sie großzügig zu bewirten. Dass er zwischenzeitlich ein Gestüt mit Pferden besaß und betrieb, ist weniger bekannt und am allerwenigsten seine besondere Herkunft, die er in der Stille mit sich trug. Diese erstreckt sich zwischen Deutschland und der Region Iran/Aserbaidschan.

Sehr geschätzter Kollege, sehr verehrter Freund, lieber Hubertus, wo immer Du jetzt bist: Sei behütet!

Unseren Nachruf verfasste Susanne Valerie Granzer, em.Univ.-Prof. Dr.phil., die viele Jahre als Kollegin und stellvertretende Leiterin des Max Reinhardt Seminars an der Seite von Hubertus Petroll, em.o.Univ.-Prof., verbrachte.


Nachruf der Rektorin Ulrike Sych im Namen der mdw – Universität für Musik und Darstellende Kunst


Die Trauerfeier findet Montag, den 10. März um 13:00 Uhr in der Christuskirche des Friedhofs Matzleinsdorf in Wien statt.

Im Sinne des Verstorbenen bittet die Familie, von Blumenspenden abzusehen und stattdessen an Amnesty International (IBAN: AT142011100000316326) zu spenden.


Kondolenzen

Wir laden ehemalige Studierende, Kolleg*innen und Wegbegleiter*innen des Max Reinhardt Seminars ein, an dieser Stelle Abschiedsworte und Erinnerungen zu teilen. Bitte sendet Eure Worte unter dem Betreff „Hubertus Petroll“ an: Theresa Busch (busch-t@mdw.ac.at).

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Doris Popelka

„Je älter man wird, desto hastiger tritt sie einem auf die Hacken, die Zeit, die sogenannte.“

mit Wilhelm Busch begann meist der Unterricht der jungen Studierenden…

„Und überhaupt wird jeder, der, bei gleicher Deutlichkeit, geschwinder als sein Gegner spricht, einen Vorteil über ihn haben, weil er gleichsam mehr Truppen als er ins Feld führt.“

Heinrich von Kleist liess alle Gemüter schwitzen.

Dialekte, Hubertus Hauptplaisier, hier von Theodor Fontane, spricht unser Empfinden treffend aus:

…Und die Kinder klagten, das Herze schwer: »He is dod nu. Wer giwt uns nu ’ne Beer?« 

Bester, treuester Freund! Sei beruhigt und wisse:

»Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren.« Albert Schweitzer

Innigste Drücker an Hubertus Grosse Familie.

Doris

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Laura Mitzkus

Er saß rauchend am Fenster wenn wir Unterricht hatten. Er hat immer aufmerksam zugehört. Sehr genau und immer gelacht und uns zum Lachen gebracht. Er wurde zum Original und wir liebten es ihn nachzuahmen und ihm hat es auch gefallen. Dieser korrekte Ton, herrlich. Ein bißchen alte Schule aber für jeden Spaß zu haben. Ein guter Schulleiter, diplomatisch manchmal vielleicht zu zurückhaltend. Er hat mir sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Ich vermisse ihn

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Steffen Jäger

Viele Erinnerungen werden wach an lange Gespräche und aufregende Gastspiele, an Rauchschwaden in der Kanzlei, Ringen um Besetzungen, ein Bowlingturnier, an Feiern und vergnügliche Abendessen mit Regine, an viele Jahre Austausch und Diskussionen und Abschiede … zu denen nun dieser letzte dazukommt. Gute Reise.

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Alexandra Althoff

Ich habe das Seminar unter Deiner Leitung kennen gelernt – meine ersten Ausflüge als junge Dramaturgin nach Wien zu Inszenierungen und Vorspielen der Studierenden. Deine letzten Jahre am Seminar vor der Emeritierung waren dann mein Einstieg als Lehrende. Du hast mir Dein Vertrauen geschenkt, mir Einblicke gewährt. Dafür bin ich Dir ewig dankbar!

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Dominik Raneburger

Lieber Herr Bertus,
Lieber Hubsbertus,

Da hast du einfach deine schicke Arzttasche gepackt,
gefüllt mit deinem goldenen Aschenbecher, fünf Schachteln Zigaretten und deinem Pausenbrot
und bist gegangen. Hast dich auf und davon gemacht.

Danke für dein „ganz klar ein Brustpanzer“ bis zu „eine Tasse Cappuccino reicht“ und dein
„Ich bin einfach ihr großes Ohr“.

Mein Sprechen und Atmen ist ein anderes seit wir uns begegnet sind und ich danke dir für
deine versteckte Wärme und dein Wissen. Wie Susanne es mal sehr treffend formuliert hat, wenn man dich lang genug gekitzelt hat, zeigt die Auster ihre Perle.

„Die Texte haben sie gut gemacht, die Flöten hätten man verheizen können“
In diesem Sinn lieber Hubsi

Danke für alles, viel Freude denen, die sich deiner Stimme erfreuen
Und mach gelegentlich ein Fenster auf

Danke
Dominik

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